Wohnungsbau am Rathsland

Veröffentlicht am 02.12.2021 in Aktuelles

Wiese am Supermarkt

Oldenburg diskutiert sehr emotional das Bauprojekt eines Investors auf dem Areal neben und hinter Famila. 

Erstmalig wurde in der 21. Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Bauwesen am 17.03.2021 über eine Investorenplanung für Geschosswohnungsbau auf der städtischen Fläche neben Famila, zwischen „Göhler Straße“ und der Straße „Am Rathsland“ berichtet. In einer ersten Skizzierung, die der Stadt und den Ausschüssen vorgestellt wurde, waren 180 Wohneinheiten geplant. Eine erste Forderung gegenüber den Bauherren wurde schnell ausgesprochen: Bestandteil der Planungen wird ein Drittel-Mix aus Eigentum, freiem Mietmarkt und ein Drittel für den sozialen bzw. bezahlbaren Wohnungsbau.

In der Folge informierte die Verwaltung auch über erste Sachstandseinschätzungen der unteren Naturschutzbehörde, der unteren Forstbehörde ((VO/2021/039) und in der letzten Sitzung des Umwelt und Bauausschusses am 08.09.2021 trug zudem eine vom Investor beauftragte Firma ALSE zur landschaftsplanerischen Bewertung des Waldbestandes an diesem Ort vor (VO/2021/082). 

Bereits in der Vorlage zur letzten Sitzung wurde eine überarbeitete und entsprechend der vor genannte Bewertung angepasste Planung des Investors beigefügt. Um den „wertgebenden Baumbestand“, insbesondere zur westlichen Bebauung und zum nördlich gelegenen Regenrückhaltebecken weitestgehend zu erhalten, hatte der Investor hier bereits die Anzahl der Wohneinheiten von ursprünglich etwa 180 auf jetzt 126 Wohneinheiten reduziert. 
Zudem wurde der Stellplatzschlüssel nach oben korrigiert. Im Vorentwurf der Gebäude wurde nun, neben der schon von vornherein geplanten CO²-Neutralität, auch eine nachhaltige Holzhybrid Bauweise berücksichtigt. 

Rein rechtlich alles bis zu diesem Punkt immer noch lediglich ein Informationsaustausch, der ganze Sachverhalt also noch Ergebnisoffen. 

Nach den vorab eingeholten Stellungnahmen der unteren Naturschutzbehörde und der unteren Forstbehörde stellte sich die Situation wie folgt dar: Der Waldbestand hat eine Bedeutung als „grüne Lunge“ für die Stadt Oldenburg und als Lebensraum für verschiedene Tier- und Pflanzenarten. 
Zudem erfüllt der Bewuchs auf der Fläche die Definition einer Waldfläche gem. §2 Landeswaldgesetz. Im Rahmen einer Bauleitplanung müssten, sollten dieserart Beschlüsse künftig gefasst werden, verschiedene natur- und artenschutzrechtlichen Belange beachtet werden. Das wären z.B. die Eingriffsbewertung nach § 1Abs. 6 Nr. 7 und 1a BauGB (§ 18 BNatSchG) und die Prüfung der artenschutzrechtlichen Belange nach § 44 Abs 5 BNatSchG.  

Da eine Beschlussfassung ohne weitere Untersuchungen jedoch mindestens unglücklich wäre, hat der Investor bereits auf eigene Kosten durch die Firma ALSE eine Bewertung des Wald- und Baumbestandes vornehmen lassen. 
Diese Bewertung ist im Bürgerinformationssystem nachzulesen. 

Der Bericht beschreibt den Ist-Zustand der Waldfläche, der Wiese und der Wasserfläche sowie der Wege, die das Gebiet durchziehen. 

Er teilt mit, dass bisher noch keine artenschutzrechtliche Untersuchung durchgeführt worden sei, nur die offensichtlich wahrnehmbare Krähenkolonie sei daher im Gutachten erwähnt worden. Über das Vorhandensein anderer geschützter Arten wie z. B. von Fledermäusen könne er daher nur spekulieren. Im weiteren Verfahren würden aber weitergehende Untersuchungen diesbezüglich stattfinden. 
Bzgl. der Waldfläche teilt der Gutachter Herr Dr. Liedl als Bewertung mit, dass er nach Untersuchung den nördlichen Bereich für eine Bebauung geeigneter halte. 
Die westliche Waldfläche sei hochwertiger und sollte daher eher erhalten bleiben. Die im Gutachten enthaltene Entwurfsskizze über eine mögliche Bebauung des Grundstückes stelle einen Kompromiss aufgrund eigener Abwägungen dar. In der Skizze wurden auch evtl. möglich erforderlich werdende zusätzliche Flächen zur Regenrückhaltung berücksichtigt.  

Nach Abschluss der Präsentation im Ausschuss gab es eine anschließende Diskussionsrunde. 
Hier wurden die allgemeinen Vor- und Nachteile einer möglichen Bebauung des Grundstückes besprochen. Es wurde über Alternativen nachgedacht, die es ermöglichen, den Wald zu erhalten, aber auch die Notwendigkeit zum kurzfristigen Neubau von Wohnungen gesehen, um der anhaltend hohen Nachfrage nach Wohnraum Rechnung zu tragen, die u. a. durch die Expansion ortsansässiger Firmen sowie die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe ausgelöst wird. 

Es darf auch darauf hingewiesen werden, dass eine Menge Behauptungen derzeit in der Diskussion aufgekommen sind. So wird entgegen aufgetretenen Befürchtungen einiger Anwohner das Gebiet verkehrlich nicht über den Hagedornbusch erschlossen. 
Die im Entwurf dargestellte „Straße“ sei nur als Fußweg gedacht. Das in der Fläche enthaltene Regenrückhaltebecken wird nicht zu geschüttet. Dies wird weiterhin benötigt und stand auch zu keiner Zeit zur Diskussion. 
Eine Verwendung als Ferienwohnung kann wiederum baurechtlich verhindert werden. 

Zu diesen Planungen sei gesagt, dass ein abschließendes Gutachten über Fauna und Flora auch durch die Beteiligung der unteren Naturschutzbehörde erfolgen wird.
Hier ist sicher mit einer sehr kritischen Sicht auf dieses Projekt zu rechnen.

Ein wunder Punkt bleibt trotz alledem die dringend notwendige Schaffung von Wohnraum und dieses Projekt wird auch nicht den bestehenden Bedarf decken. 
Besonders begrüßenswert wäre der CO²-neutrale Gebäudebau mit der vorgeschlagenen Holzhybrid-Bauweise. 
Beachtenswert ist auch das Tempo in dem hier Wohnraum geschaffen werden könnte.

Alternativflächen für dieses Projekt „Wohnen im Park“ stehen derzeit der Stadt nicht zur Verfügung. Nichtsdestotrotz werden auch die von einigen beteiligten Bürgern in die Diskussion eingebrachten alternativen Vorschläge noch geprüft werden. Die ebenfalls gewünschte innerstädtische Verdichtung wird nicht so schnell zum Erfolg kommen und auch die Potenzialflächen rund um die aktuelle Bahntrasse können erst langfristig erschlossen werden. 

Die SPD-Fraktion und auch der Ortsverein der SPD als Basis der Fraktion sind sich der emotionalen und umweltrechtlichen Sachverhalte wohl bewusst, gerade durch das Spannungsverhältnis zwischen Schutz der Umwelt und der Schaffung insbesondere von bezahlbarem Wohnraum. 
Einen abschließenden Beschluss gibt es deshalb auch erst, wenn alle Faktoren entsprechend bewertet werden können.