Begründung/ Sachverhalt:
Wiederkehrende Straßenausbaubeiträge sind in den letzten Jahren in Deutschland zu einem festen Bestandteil der Beitragserhebungsvarianten für Straßenausbaumaßnahmen geworden. In Rheinland-Pfalz ist es seit 1986 möglich wiederkehrende Beiträge zu erheben. Inzwischen wird der Anteil der Städte und Gemeinden in Rheinland-Pfalz, die wiederkehrende Beiträge erheben, auf etwa 35% bis 40% geschätzt. Weitere Bundesländer sind diesem Beispiel gefolgt. So wurde die Möglichkeit z.B. in Hessen. Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Schleswig-Holstein eröffnet. In Schleswig-Holstein wurde dazu im Jahr 2005 im § 8 a KAG die Möglichkeit zur Erhebung Wiederkehrender Beiträge für Verkehrsanlagen eröffnet. Zuletzt hat das Bundesverfassungsgericht auch in seiner zweiten Entscheidung bestätigt, dass die wiederkehrenden Beiträge, so wie sie in § 10 a des Kommunalabgabengesetzes Rheinland-Pfalz beschrieben werden, verfassungsgemäß sind. Dieser Paragraph entspricht weitestgehend der Formulierung des § 8 a KAG S-H.
Nachdem sich Verwaltung und Selbstverwaltung in einer Informationsveranstaltung der Gekom über die Grundlagen zu Wiederkehrenden Beiträgen informierten, wurde im Hauptausschuss am 17.03.2015 beschlossen, dass die Verwaltung vor einer Diskussion über die mögliche Einführung von Wiederkehrenden Beiträgen eine grobe Kalkulation der erforderlichen Personal- und Sachkosten vornimmt. Diese ist nachfolgend aufgeführt.
Um Abrechnungsmaßnahmen - egal ob einmalig oder wiederkehrend – durchzuführen, ist es notwendig, die im Abrechnungsgebiet liegenden Grundstücke und ihre Bebauung und Nutzung zu bewerten. Dies betrifft im groben z.B. Eigentümerdaten (Adressen Einzeleigentümer, Eigentümergemeinschaft....), B-Plandaten (Nutzungsart, Bebaubarkeit, Geschossigkeit, GRZ, GFZ....), Grundstücks- und Gebäudedaten (Grundbuch, Rechte, Bauakte, Bebauungstiefe.....), Nutzungsdaten (Gewerbe, Landwirtschaft.....), Anschriften etc.. Diese Ermittlung der Grunddaten wurde bisher durch die Verwaltung vorgenommen und nachfolgend externen Dienstleistern zur Verfügung gestellt, die die Grunddaten in Formeln überführten und im Zusammenhang mit den Bauprogrammen aus den geschätzten und beitragsfähigenen Kosten die Kosten für jedes einzelne im Abrechnungsgebiet befindliche Grundstück ermittelten.
Während bei der Einzelmaßnahme die Grunddatenermittlung ein eng begrenzten Raum, das kleinräumige Abrechnungsgebiet, betraf, ist dies bei der Einführung von Wiederkehrenden Beiträgen ein ungleich höherer, sofortiger Grunddatenermittlungsaufwand für das größere Abrechnungsgebiet, große Teile der Stadt, möglicherweise des gesamten Stadtbereichs zu betreiben. Diese Grundlagenermittlung, die bei der Einführung von Wiederkehrenden Beiträgen natürlich nicht nur einmal erfolgt sondern nachfolgend laufend gepflegt werden muss, bedeutet für die Verwaltung eine erhebliche Mehrarbeit.
Nach überschlägiger Ermittlung der Verwaltung müssen bei der Erstbewertung des Stadtgebietes allein schon ohne die Außenortschaften um etwa 4100 Grundstücke betrachtet werden. Nach Einschätzung der Verwaltung, aufgrund der Erfahrungen aus vorherigen Maßnahmen und durch Bestätigung von Fachfirmen, muss für die Grundlagenermittlung pro Grundstück mit einem Zeitaufwand von etwa 45 Minuten gerechnet werden. Bei der Ermittlung durch die Verwaltung bedeutet dies bei angenommenen 160h / Monat für eine geschulte Arbeitskraft einen Zeitaufwand incl. Urlaub von etwa 2 Jahren.
Dieser Aufwand könnte in Teilen extern vergeben werden. Nach Auskunft einiger Firmen wird eine solche Leistung aufgrund von Stundenhonoraren geschätzt. Die Verwaltung geht derzeit davon aus, dass bei externer Vergabe der Grundlagenermittlung ein Aufwand von etwa 20% des gesamten Stundenaufwands bei der Verwaltung verbleiben würde. Dies sind bei gesamt ca. 3.100 Stunden etwa 620 Stunden / ca. 4 Monate. Die restlichen ca. 2.500 Stunden würden bei einem angenommenen Stundenlohn in Höhe von 75 Euro brutto eine Rechnungshöhe von ca. 187.500 Euro für einen externen Dienstleister bedeuten.
Aus Sicht der Verwaltung wäre der nächste Schritt eine individuelle Analyse des Oldenburger Stadtgebietes, um zu untersuchen, welchen Zuschnitt die Abrechnungsgebiete haben könnten, denn es wird keinesfalls nur ein Abrechnungsgebiet sondern eine Vielzahl mit unterschiedlichen Beitragshöhen geben. Parallel hierzu würde die Verwaltung die Unterlagen der Straßenausbaumaßnahmen der letzten ca. 30 Jahre sichten und eine Grobaufnahme des Investitionsbedarfs für die Gemeindestraßen vornehmen. Auf dieser Basis kann der Entwurf einer Verschonungsregelung erstellt werden.
Aus Sicht der Verwaltung bringt die Einführung Wiederkehrender Beiträge Vor- und Nachteile mit sich, die nachfolgend, nicht abschließend, aufgelistet werden. In der Anlage befindet sich zudem eine Gegenüberstellung einmaliger und wiederkehrender Beiträge.
Nachteile:
- Abweichen vom bekannten System denn es wurde bisher für die Maßnahme vor der eigenen Tür gezahlt. Dies trägt dazu bei, dass das Gefühl entsteht, die individuelle Situation vor der eigenen Tür bliebe möglicherweise unberücksichtigt.
- Vermutlich hohes Konfliktpotenzial in der Anfangsphase
- Hohe Erwartungshaltung in Bezug auf die Qualität des Verkehrsnetzes
- Durch eine Vereinheitlichung des Beitrages werden Grundstückseigentümer an Durchgangsstraßen eventuell höher als heute belastet.
- Erhöhter Verwaltungsaufwand z.B. durch Grunddatenermittlung, Fortschreibung der Grunddaten und regelmäßige Abrechnung
- In der Zeit von Verschonungsregelungen steigt im Falle der Durchführung von Maßnahmen vor Ablauf des Lebenszyklusses der städtische Eigenanteil.
- Gefahr, dass entschieden wird, dass nicht beitragsfähiger Erhaltungsaufwand eingestellt wird.
- Eventuell Einschränkung bei der Erhebung von Sanierungsbeiträgen
- Eventuell Einschränkung bei Zuschüssen, wenn es überhaupt welche gibt
- Ein Zurück zu der Erhebung von Einmalbeiträgen scheint nur schwer möglich zu sein.
Vorteile:
- Langfristige Ausrichtung
- Hohe Einmalbelastung entfällt
- Verstetigung der Beitragshöhe
- Kein der Haushaltslage geschuldetes herausschieben notwendiger Maßnahmen
- „gerechtere“ Verteilung im Rahmen einer Solidargemeinschaft, da das städtische Straßennetz von allen genutzt wird
- Kontinuierliche Investitionen, welche in Bezug auf den Straßenausbau die langfristige Finanzplanung von Bürgern, Investoren und Stadt erleichtern
- Mittel- und Langfristig Erhöhung der Qualität und Verschönerung des Ortsbildes
- Mittelfristig größere Akzeptanz bei der Beitragserhebung
- Eckgrundstücke oder mehrfach erschlossene Grundstücke werden nur noch einfach belastet
- Durch eine Vereinheitlichung des Beitrages werden Grundstückseigentümer an Anliegerstraßen eventuell weniger als heute belastet.